Das Altenburger Spielkartenmuseum
© 2008 Gerd Matthes
Das Altenburger Spielkartenmuseum 

 

Gerd Matthes

Da es sehr viele Spekulation über den Abtransport der ehemaligen Spielkarten-sammlung des Altenburger Museums gab und immer noch gibt, möchte ich einmal einige Fakten, die ich in meiner jahrelangen Forschungsarbeit zusammengetragen habe, veröffentlichen.

Zur Einleitung einige Daten zum ältesten Spielkartenmuseums in Deutschland

Gründungsname:"Skatheimat"

Gründungsjahr: 1923

Als 1918 Herzog Ernst II abgedankt hatte und das Schloß städtischer Besitz wurde, dachte man seitens der Stadt schon sehr früh daran, auf dem Schloß ein Museum der Regionalgeschichte einzurichten. Hier wurden auch Industrie und Gewerbe ange-sprochen historische und landeskundliche Zeugnisse beizusteuern. Auf Initiative von Julius Benndorf, als Benno Dirf seit 1901 Herausgeber des Altenburger Skatkalenders und von 1926 bis 1943 leitender Redakteur der Monatszeitschrift "Der Alte", entstand in Zusammenarbeit mit der Altenburger Spielkartenfabrik 1923 das Teilmuseum "SKATHEIMAT". Herr Carl Schneider, nun schon seit dreißig Jahren Direktor der Altenburger Spielkartenfabrik, übergab im Namen der Aktien-Gesellschaft Druck-formen, umfangreiche Spielkartenbestände aus den über die Jahre übernommenen Firmen, Musterbücher aus fast allen in Deutschland bekannten Spielkartenfabriken seiner Zeit und Werkzeuge des Kartenmacherhandwerks, die den Grundstock der Sammlung bildeten. Die Sammlung wurde ständig erweitert und zählte bei Ausgang des Krieges ca. 6.000 Exponate.

Herr Julius Benndorf wurde erster Direktor des kleinen Museums. Ihm folgten als Direktoren die Herren Reißig, Bachmann, Schultze und Weise. Die Ausgestaltung der Räume der Skatheimat wurde durch Otto Pech, Pseudonym "Pix" vorgenommen. Der Raum der alten Skatheimat ist noch vorhanden und beherbergt Heute die Sammlungsbestände zum Thema Altenburger Kunsthütte und PIX.

 

 

Bevor ich nun einige Fakten darlege, möchte ich noch kurz auf die Personen eingehen die mir mit faktenreichen Informationen geholfen haben:

Fakten:

Laut Augenzeugenberichten und Schriftstücken des Herrn Fabian wurde die Spielkartensammlung 1943 wegen Bombengefahr in einem Bunker am Poschwitzer Platz (unweit der Spielkartenfabrik) ausgelagert und somit auch bei der Dokumentation der Bestände, die nachfolgend abtransportiert wurden, aufgezählt.

Der Fakt, das die Spielkartensammlung in den Bunker der Spielkartenfabrik lagerte, ist m. E. ganz besonders zu beachten, denn warum sollte eine Kommission gerade bei der Demontage einer Fabrik auf die Idee kommen, eine Spielkartensammlung aus einem städtischen Museum zu beschlagnahmen. Zumal im Museum weitaus wertvollere Sammlungen vorhanden waren. (z.B. wertvolle Gemälde oder eine umfangreiche und wertvolle Porzellansammlung)

Da aber nun die Altenburger Spielkartenfabrik im gesamten Umfang mit allen Außenlagern (z. B. auch die Produktionsstätte in Pössneck) unter die Enteignung viel, gehörte der besagte Luftschutzraum (Bunker) selbstverständlich dazu.

Schriftstück über die Enteignung in russischer Sprache übersetzt ins deutsche (Die Originalakte zur Enteignung befindet sich im Besitz der Altenburger Spielkartenfabrik)

Meldung über Zustand der Demontage und Abtransport von Trophäenausrüstungen Fertigerzeugnissen und Materialien

Bez. d. Betr.     Spielkartenfabrik

Objekt Nr.        M - 237

Ort                    Altenburg

Leiter der Demontagearbeiten vom Volkskomissariat der Lebensmittelindustrie Oberstleutnant Radionow

Verantwortlicher Vertreter der Trophäen-Verwaltung der 1. Abteilung des Trophäen-Bataillons Unterleutnant Wersilin

Bezeichnung der Einheiten, die die Demontage- und Abtransportarbeiten ausführen:

1. Abteilung des Trophäen-Bataillons, 15. Abteilung der Trophäen-Brigade und die örtliche Bevölkerung

Die Arbeiten laufen am 12. April 1946 an und enden erst am 15. Juli 1946.

Die Demontage erstreckte sich trotz aller Rettungsversuche des damaligen Oberbürgermeisters Herrn Borchert leider auch auf die Bestände des Spielkartenmuseums.

Das im Werk demontierte Gut wurde in ca. 1.400 Kisten verpackt, die 3 ganze Güterzüge füllten.

Es handelte sich hierbei um Maschinen, Fabrikeinrichtungen, Halbfabrikaten, Rohstoffen und Museumsgegenständen. Außerdem noch um 1.125 große Kisten mit Reparationsware (Spielkarten).

Museumsgegenstände:

Es existiert eine 40seitige Liste auf dieser der komplette Bestand des Demontagegutes des Altenburger Spielkartenmuseums aufgeführt ist.

Der Umfang beläuft sich auf 20 nummerierte Kisten und 2 kleine Kisten mit der Bezeichnung "A" und "B" (Größenangaben für die Kisten werden nicht gemacht).

Die Beschreibung der Spielkarten bzw. der Hersteller auf der Liste ist sehr dürftig. Es wird größtenteils nur die Inventar-Nr. aufgelistet.

Anhand dieser Nr. und mit Hilfe zweier Skatkalendern (Jahrgang 1927 und 1928) lassen sich einige seltene und sehr alte Spiele der Sammlung nachweisen. Die Nr.-Folge ist absolut durcheinander. So befindet sich z.B. in Kiste 2 die Inventar-Nr. 1, eine Spielkarte der Gebrüder Bechstein und in Kiste 7 die höchste Inventar-Nr. 4891, vermutlich auch die Letzte. Um einen Mengenumfang der ehemaligen Spielkartensammlung zu nennen, muss ich noch anfügen, dass es sich bei sehr vielen Inventar-Nr. z. T. um "a", "a, b" oder sogar "a - f" handelt. Also vermutlich mehrere Spiele unter einer Inventar-Nr. vorhanden waren. Somit ist ein Umfang von ca. 6.000 Exponaten durchaus realistisch.

 

Wo befindet sich die Altenburger Spielkartensammlung nach über 50 Jahre Ihres Raubes heute?

Nach Gerüchten zu Folge sollen sich einige wertvolle Stücke in der Eremitage in St. Petersburg befinden. (Information von Herrn Fritzsche)

Etwas wahrscheinlicher ist die Nachricht, dass sich die Sammlung im Museum "Länder & Völker" in Moskau befindet. (Information von Herrn Weise und Herrn Fritzsche)

Laut Aussage des Herrn Fritzsche: "Dieser Fakt wurde 1992 in der Presse in Zusammenhang mit anderen erbeuteten Kunstschätzen erwähnt"

Weitere Information über den Verbleib der Sammlung liegen zurzeit nicht vor.

Seit dem 10. 01. 1992 liegt der Koordinierungsstelle zur Rückführung  von Kulturgütern des Bundesministerium des Innern in Berlin eine Zuarbeit über Umfang der verschollenen Altenburger Spielkartensammlung vor. (Information von Frau Schachtschneider ehemalige Museumsleiterin, Zuarbeit Gerd Matthes)

Möglichkeiten des weiteren Vorgehens zur Wiederbeschaffung der alten Sammlung über gemeinsame Organisation aller Länder und des Bundes

 

Das Wissen über diese Kulturgutverluste sollte dokumentiert, der Schaden der deutschen Institutionen erfasst und somit eine Grundlage für die Suche und Rückführung der Kulturgüter geschaffen werden. Aus diesem Grund gründeten die Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen 1994 in Bremen die Koordinierungsstelle der Länder für die Rückführung von Kulturgütern.

Seit 1998 sind alle 16 Bundesländer eingegliedert, die Organisation sitzt seitdem beim Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt in Magdeburg. Mit einer Aufgabenerweiterung der Bundesregierung ging die bisherige Koordinierungsstelle im Januar 2001 in der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste als gemeinsame Einrichtung aller Länder und des Bundes auf.

 

Vermittler zwischen Suchenden und Findenden

In Abstimmung mit den meldenden Personen und Institutionen werden die Angaben bearbeitet und veröffentlicht. Durch die Publikation im Internet wird eine weltweite Recherche nach diesen Gegenständen und ihren Verlustumständen ermöglicht. Somit sollen gesuchte Objekte aufgefunden, identifiziert und eine Rückgabe angebahnt werden. Werden vermisste Kulturgüter aufgefunden, versucht Lost Art den Kontakt zwischen den Verlustmeldenden Personen und denen, die den Fund gemeldet haben, herzustellen. So sollen verloren gegangene Kulturgüter wieder in die Hände ihrer rechtmäßigen Besitzer gelangen.

 

"Die Lost-Art-Datenbank ist für die Museen, Bibliotheken und Archive ein Mittel, Transparenz zu schaffen. Sie soll auch eine Hilfe darstellen, um Berechtigte wieder zu finden."

Michael Franz, Leiter der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste

 

http://www.lostart.de/index.php3?lang=german

 

Anschrift: Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste, Turmschanzenstraße 32
39114 Magdeburg

Telefon: +49 (0) 391-567 3891, Telefax: +49 (0) 391-567 3899
E-Mail: lostart@mk.sachsen-anhalt.de

Lage: Die Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste befindet sich im Haus 28 innerhalb des Gebäudekomplexes des Kultusministeriums des Landes Sachsen-Anhalt. Besucher melden sich bitte beim Pförtner am Haupteingang Turmschanzenstraße.

Anfahrt: Mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Vom Magdeburger Hauptbahnhof mit der Straßenbahn der Linie 6 in Richtung Herrenkrug bis zur Haltestelle Berliner Chaussee.

 

(c) 2008 Gerd Matthes